Jerusalem (GTAI) – Israel ist sehr attraktiver Ort für medizinischen Tourismus. Nach Schätzung des israelischen Fachverbands liegt das Umsatzpotenzial der Branche bei mehreren Milliarden Dollar pro Jahr, wird aber bisher nur zu einem kleinen Teil ausgeschöpft. Der Fachverband bemüht sich um eine Diversifizierung seiner Kundenbasis. (Kontaktanschrift)
Im Jahr 2013 erzielte der medizinische Tourismus in Israel einen Umsatz von umgerechnet rund 300 Mio. US$. Das geht aus einer Schätzung der israelischen Vereinigung für medizinischen Tourismus (Israel Association for Medical Tourism) hervor. Wie der Generaldirektor der Vereinigung, Lior Kraskin, gegenüber Germany Trade & Invest erklärte, handelt es sich bei dieser Zahl um den Wert der von Ausländern in Anspruch genommenen medizinischen Behandlung und der begleitenden touristischen Dienstleistungen wie Hotelübernachtungen und dergleichen.
Gute Note im internationalen Vergleich
Israel gilt als ein auch im internationalen Vergleich attraktiver Standort für medizinischen Tourismus. In einer im Sommer 2014 von der internationalen Medical Tourism Association veröffentlichten Analyse wurde Israel mit der Note 73 bewertet und lag damit, gemeinsam mit Singapur auf Rang drei der 30 ausgewerteten Länder, nur knapp hinter Kanada und dem Vereinigten Königreich mit 77 beziehungsweise 74 Punkten. Als besondere Stärke Israels wurden das hohe fachliche Niveau der Ärzte und die medizinischen Einrichtungen genannt.
Zu den wichtigsten Behandlungen, die ausländische Patienten in Israel in Anspruch nehmen, gehören onkologische Behandlungen und Herzoperationen sowie komplizierte Operationen anderer Art, aber auch die Behandlung von Diabetes und von Unfruchtbarkeit. Fruchtbarkeitsbehandlungen sind in Israel besonders hoch entwickelt. Das Tote Meer wiederum bietet Behandlungsmöglichkeiten für Hautkrankheiten wie Schuppenflechte und seborrhoische Dermatitis.
Führende Krankenhäuser haben den medizinischen Tourismus zu einer bedeutenden Einkommensquelle entwickelt. Obwohl sich die allermeisten Universalkrankenhäuser im Regierungssitz befinden, bieten sie auch private Leistungen an. Die Zahl ausländischer Patienten nimmt zu. Wurde ihre Zahl im Jahr 2006 noch auf 15.000 geschätzt, so waren es 2013, wie Kraskin erklärte, bereits 50.000 bis 60.000.
Einer Schätzung zufolge gibt der medizinische Tourist in Israel rund 6.100 US$ pro Besuch aus, wobei zwei Drittel dieses Betrags auf medizinische Leistungen entfallen, während das restliche Drittel für touristische Dienstleistungen aufgewandt wird. Hinzu kommt, dass Patienten meistens von Angehörigen begleitet oder besucht werden.
Geschäft geografisch nicht ausgeglichen
Bisher kommen die meisten Patienten (80 bis 90%) aus der ehemaligen Sowjetunion. Zum Teil sei dies mit der großen Einwanderungswelle aus der UdSSR und deren Nachfolgerrepubliken in den neunziger Jahren zu erklären.
Allerdings sei es erforderlich, auch Kunden aus anderen Ländern und Regionen der Welt anzuwerben. Das habe sich deutlich Ende 2014 gezeigt, als die wirtschaftlichen Probleme in Russland, aber auch in anderen GUS-Ländern, zu einer kräftigen Schrumpfung des Besucherstroms aus diesen Ländern geführt hätten.
In Israel, so Kraskin, seien rund 500 Unternehmen tätig, die ausländische Patienten ins Land bringen und sie vor Ort begleiten. Bei den meisten dieser Akteure handele es sich um kleine Firmen, die nur wenige Patienten anwerben können. Der Löwenanteil des Marktes entfalle auf rund 30 bis 50 größere Unternehmern. Vor allem unter diesen gebe es bereits solche, die Patienten verstärkt auch in anderen Ländern anwürben. Auch die Krankenhäuser versuchten, ihre Leistungen selbst zu vermarkten doch werde der Markt noch immer von unabhängigen Vermittlern und Veranstaltern beherrscht.
Als ein Herkunftsland mit besonders großem Potenzial für die israelische Branche gelten die USA. Angesichts der hohen Kosten und Preise im amerikanischen Gesundheitswesen ist es für Patienten und ihre Familien trotz der Reisekosten oft deutlich preiswerter, die entsprechenden Eingriffe und Behandlungen in Israel durchführen zu lassen. In vielen Fällen aber, so die israelische Vereinigung, könne sich eine medizinische Reise nach Israel auch für Patienten aus Europa lohnen.
Langfristig könne der Umsatz des medizinischen Tourismus in Israel mehrere Milliarden Dollar im Jahr erreichen. Daher befinde sich die Branche trotz ihrer bisherigen Erfolge noch in einem relativ frühen Entwicklungsstadium. Für die volle Ausschöpfung des Geschäftspotenzials sei aber eine enge Kooperation mit der Regierung erforderlich. Eine in Israel diskutierte Sondersteuer für ausländische Patienten sei eher kontraproduktiv.
Nach Kraskins Auffassung besteht auch noch ungenutztes Kooperationspotenzial zwischen israelischen Leistungsträgern und ausländischen Veranstaltern von Medizinreisen. Ein Engagement in Israel könne ausländischen, darunter deutschen Vermittlern und Betreuern neue Geschäftschancen bieten.